Titel

Wissensobjekt(e) – Visuelle Thesen zu kollaborativen Entwurfspraktiken im OpenDesign

Kontext

Die Arbeit «Wissensobjekt(e) – Visuelle Thesen zu kollaborativen Entwurfspraktiken im Open Design» ist im Rahmen meiner Master Thesis im Masterstudio Design an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel FHNW entstanden.
Ergebnis ist eine experimentelle Forschungsanlage zur Auswirkung der Digitalisierung auf den Designprozess. Gegenstand der Untersuchung ist das Open Design, ein spezielle Ausprägung der Open Source Bewegung. Die Arbeit wird von den Fragen geleitet: Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf den Entwurfs- und Produktionsprozess? Wie kann dieser sichtbar gemacht werden?

These

Im Fokus der Diskussion steht der Entwurfs- und Produktionsprozess von physischen Artefakten, also das Entwerfen, Konzipieren, Gestalten, Produzieren. Das Wesentliche an der Mitarbeit an Open Source Projekten ist, dass sich die Teilnehmenden freiwillig und aufgrund eines gemeinsamen Interesses zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen. Diese Gemeinschaften (Communities) sind lose Verbindungen, deren Austausch vorrangig im Internet stattfindet. Häufig sind ihre Mitglieder anonym und kennen sich nicht persönlich. Daher ist die saubere Dokumentation der Planung, von Arbeitsschritten, Teilergebnissen und Problemen obligatorisch. Im gemeinsamen Prozess kommen unter anderem virtuelle Modelle, Skizzen, oder Found-Footage Material zum Einsatz, welche im Folgenden als Wissensobjekte zusammengefasst werden sollen. Mithilfe von ihnen werden Aufgaben evaluiert und mögliche Lösungsansätze erarbeitet. Wissensobjekte leiten und ergänzen den gemeinsamen Entwurfsprozess, sie sind vermittelnde Akteure der Entwurfspraktik.

Vorgehen

Die Auswirkung der Digitalisierung auf die Entwurfspraktik wird anhand einer empirischen Untersuchung und deren visueller Auswertung diskutiert. Das gewählte Fallbeispiel ist die Open Design Community: OpenMovement, ein Netzwerk zur Entwicklung eines Uhrwerks nach Open Source Grundsätzen, bestehend aus Konstrukteuren, Uhren-Enthusiasten und Interessierten. Die Datenerhebung erfolgte anhand der öffentlichen Diskussionen im Online-Forum sowie durch die Teilnahme an den Konstruktionsworkshops zwischen September und Dezember 2017.
Zur Untersuchung wurden Parameter festgelegt wie Art, Funktion und Zeitpunkt des verwendeten Materials sowie die Partizipation der Teilnehmenden. Für die Untersuchung wurden Teilfragen entwickelt: Was sind die Werkzeuge im gemeinsamen Entwurfsprozess? Wie ergänzen oder leiten sie den Diskussionsverlauf? Wie wird Konsens im gemeinsamen Entwurfsprozess gefunden?
Das in der Master Thesis erarbeite Vorgehen ist als experimenteller Ansatz zur qualitativen Sozialforschung gedacht. Anhand von Fallstudien soll die formulierte These im Kontext der kollektiven Wissenspraktiken empirisch untersucht werden. Die Master Thesis hat zum Ziel, ein Vorgehen von der Vorbereitung zur Durchführung bis zur Auswertung prototypisch zu formulieren. Teilaspekte, die in diesem Rahmen erarbeitet wurden, sind das Ermitteln geeigneter Fallbeispiele, das Definieren der Untersuchungsparameter, ein geeignetes Vorgehen zur Datenerhebung, die visuelle Aufbereitung der Daten und deren Besprechung.
Im Rahmen der Master Thesis wurden diese anhand einer Fallstudie entwickelt. Um sowohl das gesamte Vorgehen zu evaluieren, als auch über Wissenspraktiken in Open Design Projekten und somit auf die Auswirkung der Digitalisierung auf den Designprozess aussagekräftige Rückschlüsse treffen zu können, ist das Durchführen weiterer Fallstudien notwendig.

Diskussion und Ausblick

Die Diskussion und Auswertung der Daten erfolgte durch deren visuelle Aufbereitung. In den Darstellungen werden Parameter miteinander in Beziehung gesetzt, um Teilaspekte der Leitfrage separat zu diskutieren. Die Diagramme funktionieren nach dem Prinzip des Rhythmus, der Gliederung durch einen Wechsel von kurzen, langen, betonten und unbetonten Elementen. Durch die Verdichtung oder Verteilung einzelner Bildelemente entstehen Muster, welche als visuelle Thesen gelesen werden können. Mithilfe der Diagramme können sowohl die Praktik kollektiver Wissenserzeugung, als auch Eigenheiten des Open Design Milieus diskutiert werden.

Ziel der visuellen Aufbereitung ist die Entwicklung von Diagrammen, mit welchen nicht erst die Resultate einer Untersuchung dargestellt werden, sondern ihre Erstellung und Auswertung Bestandteil der Forschungsmethode sind. In einem weiteren Schritt kann durch die Interaktion mit den Diagrammen eine Evaluierung der Methode eingebunden werden.

Die saubere Dokumentation der Planung von Arbeitsschritten, Teilergebnissen und Problemen ist zentraler Bestandteil von Open Source Projekten. Neben der Veröffentlichung von Dateien, wie virtuellen Modellen, Skizzen oder Textbeiträgen, die das explizite Wissen des Prozesses repräsentieren, sind die erstellten Diagramme eine Dokumentation des impliziten Wissens über die soziomateriellen Bedingungen des Prozesses. Sie können der Community als Spiegel ihres Prozesses dienen und ihr Rückmeldung in einem selbst regulierten System geben, das keine monetären Ziele verfolgt. Externe Interessierte können einen Einblick in die Arbeits- und Umgangsweise des Projekts erhalten.

Danksagung

Herzlich bedanken möchte ich mich bei meinen Mentorinnen Christine Schranz und Barbara Hahn für die engagierte, kompetente und hilfreiche Betreuung, sowie bei der Leitung des Master Studio Designs für die Unterstützung. Für die Durchführung und Erarbeitung der Fallstudie danke ich außerdem der OpenMovement Community, insbesondere Roman Winiger. Für die konzeptuelle Besprechung danke ich Johannes Bruder, für die Entwicklung der Webapplikation gilt mein Dank Jan Pistor und Jonas Parnow, für das Einrichten der Piratebox Moritz Greiner-Petter und für den 3D Druck des Prototyps Patrick Salz.

Bildindex


Merle Ibach
Januar 2018
Basel

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